Eine Ära geht zu Ende: Rektor Claus Stöckle vor dem Ruhestand

Nach 26 Jahren wird Claus Stöckle als Rektor der Realschule im Aurain in wenigen Tagen verabschiedet. Im Gespräch mit der BZ unternimmt er einen Rück- und Ausblick.

Aller Anfang ist schwer: Als Claus Stöckle 1997 Rektor der Realschule im Aurain wurde, war die Bildungseinrichtung von Turbulenzen geprägt. Zwischen Lehrerschaft und Elternschaft gab es Gräben, und schon wenige Tage nach seiner Amtseinsetzung sorgte eine fingierte Todesanzeige für Aufsehen. Verfasst hatte diese die Elternbeiratsvorsitzende, die sich als Opfer einer Hetzkampagne sah. Stöckle erhielt zahlreiche Anfragen, sogar von RTL.

 

Turbulenter Einstieg als Leiter der Schule

Heute ist das längst Geschichte, und der Schulleiter nimmt in wenigen Tagen seinen Abschied, nachdem er die Realschule 26 Jahre lang geleitet hat. Rückblickend bezeichnet er diesen unruhigen Anfang als seine größte Herausforderung – schlimmer noch als die Coronazeit oder der Wasserrohrbruch, der vor einigen Jahren mehrere Schulräume verwüstete. „Es gab damals kein Miteinander“, sagt Stöckle. „Und es war meine erste Aufgabe, aber auch gleichzeitig meine große Chance, dass ich das wieder einrenken und zusammenführen konnte.“ Das 50-Jahr-Jubiläum im Jahr 2000 habe unheimlich geholfen, „dass wir wieder an einem Strang ziehen“.

Ohne eine gute Schulgemeinschaft gehe es nicht, sagt Stöckle zu seiner daraus abgeleiteten Devise als Schulleiter. „Man kann nicht gegen Lehrer oder gegen Eltern eine Schulgemeinschaft betreiben. Es funktioniert nur miteinander.“ Die Beteiligten – Schüler, Lehrer, Eltern – müssten eng zusammenarbeiten, quasi eine Art Team bilden.

 

Stationen in Stuttgart und Besigheim

Stöckle stammt aus Bietigheim-Bissingen. Er besuchte die Hillerschule und danach von 1968 bis 1971 Klasse 5 bis 7 des Gymnasiums, das sich damals noch im Aurain befand. Danach folgte der Umzug der Schule ins Ellental, wo er sein Abitur machte.

Bevor er sich für den Lehrerberuf entschied, hatte Stöckle nach dem Wehrdienst zunächst eine Ausbildung bei der Stadt Besigheim im nicht-technisch gehobenen Verwaltungsdienst begonnen, besann sich dann aber eines anderen. Als Handballtrainer beim TSV Bietigheim hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen.

Trotz damals schlechter Einstellungsvoraussetzungen wurde er nach dem Vorbereitungsdienst von 1984 bis 1985 in Gerlingen in den Schuldienst übernommen und trat zunächst eine Lehrerstelle in der Realschule in Stuttgart- Ostheim an. Dort unterrichtete er sieben Jahre lang bis 1992. Danach war er von 1992 bis 1997 stellvertretender Schulleiter an der heutigen Maximilian-Lutz-Realschule in Besigheim – bis er im Sommer 1997 Rektor an der Realschule im Aurain wurde.

Im Vergleich von damals zu heute verweist Stöckle im Gespräch mit der BZ unter anderem auf die Schüler. In den 90er- und 2000er-Jahren hätten diese „noch eine größere Selbstständigkeit mitgebracht.“ Das sei ein ganz großer Unterschied zu dem, „was wir heute haben“. Dies beziehe sich auch auf die Elternhäuser, so der Rektor. Man brauche daher heute mehr Unterstützung, Begleitung und Förderung als es damals der Fall war. Das liege sicherlich auch daran, dass die Schülerschaft heute wesentlich heterogener geworden sei.

Gerade deshalb sei die Berufsorientierung wichtig, sagt Stöckle, in der „unglaublich viel“ gemacht worden sei. Beginn war 2004/05, als die Schule mit einem Träger, der Karlshöhe, Kontakt aufnahm. Über 15 Jahre hinweg seien immer Mitarbeiter der Karlshöhe an der Realschule zur Unterstützung der Schüler gewesen. Die Finanzierung des Berufsorientierungsprojekts sei über lokalen Stiftungen gelungen. In den letzten Jahren sei dies durch Bildungspartnerschaften und weitere Kooperationen ergänzt worden, „sodass wir auf diese Weise verzahnt sind mit der Welt nach der Schule“.

Die Realschule müsse die Kinder befähigen, die zwei vorgegebenen Wege – Ausbildung oder Besuch einer weiterführenden Schule, das heißt Berufskolleg oder Berufliches Gymnasium – zu gehen. „Wir haben lange Jahre ein Drittel unserer Schüler letztendlich zum Abitur gebracht“, erklärt Stöckle. Es sei aber nicht gut, wenn Schüler nur in einer Art „Parksituation“ an eine weiterführende Schule gingen. Deshalb sei die Vorbereitung auf die Ausbildung sehr wichtig. Insgesamt sei die Berufsorientierung ein großer Schwerpunkt in den letzten zehn bis 15 Jahren gewesen.

 

Kooperationsklassen ins Leben gerufen

Im gleichen Atemzug führt Stöckle die in den Jahren 2004/2005 ins Leben gerufene Kooperation mit der Schule im Gröninger Weg an, einem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum. Zunächst als Außenklassen bezeichnet, seien mittlerweile eine ganze Reihe von Kooperationsklassen im Aurain gewesen, um gemeinsam mit den Realschülern zu lernen. Nicht in allen Fächern, aber etwa in Sport, Bildender Kunst, Musik und Technik findet gemeinsamer Unterricht statt. Als einen Eckpfeiler der Schule bezeichnet der Rektor das Musikprofil, das unter seiner Leitung weiterentwickelt worden sei. Das sei „ein Merkmal und Aushängeschild unserer Schule“. Bereits in den 80er-Jahren sei ein Ehemaligenchor gegründet worden, den es bis heute als Aurain-Chor gibt.

 

Schule muss grundlegend saniert werden

Zur Frage, welche Herausforderungen er in der Zukunft für die Schule sieht, verweist der Rektor auf die Ausstattung und Ausrüstung. „Ich denke, die Schule muss in den nächsten Jahren grundlegend saniert werden.“ Das solle aber laut Stadtverwaltung auch passieren.

Hinzu komme, dass die Realschule nicht mehr nur zur Mittleren Reife führe, sondern dass hier auch der Hauptschulabschluss gemacht werden kann. Hier gelte es zusammen mit anderen Realschulen zu überlegen, wie dies weiterentwickelt oder noch besser gemacht werden könne. Und man müsse sich fragen, wie der Unterricht noch digitaler werde. „Das werden aus meiner Sicht die zentralen Herausforderungen sein“, sagt Claus Stöckle.

Bei alledem lege er großen Wert darauf, dass das Menschenbild nicht vergessen werde. Es sei wichtig, „dass ein gutes soziales Miteinander“ stattfinde, dass es Verlässlichkeit gebe und Abmachungen eingehalten würden. Es solle eine gute Atmosphäre herrschen, dass man gerne hierher komme.

Dass Stöckle so lange seiner Heimatstadt die Treue gehalten hat, hängt auch damit zusammen, dass er mit dieser durch sein Engagement in der Kommunalpolitik innerhalb der CDU-Fraktion und im Sport (beim TSV Bietigheim) fest verwurzelt ist. Ob er der Politik – in der 2024 Kommunalwahlen anstehen – auch im Ruhestand erhalten bleibt, sei noch offen.

 

Noch keine Pläne für den Ruhestand

Stöckle war darüber hinaus geschäftsführender Schulleiter für alle Schulen in der Stadt Bietigheim-Bissingen, mit Ausnahme der Gymnasien – eine Tätigkeit die er sehr gern gemacht hat. Es habe „einen tollen Umgang“ miteinander gegeben, das Verhältnis miteinander sei überragend gewesen, sagt er. Man habe in diesem Kreis auch immer ein offenes Ohr für alle Angelegenheiten gefunden.

Für den bevorstehenden Ruhestand hat sich Claus Stöckle noch nichts Konkretes vorgenommen. „Ich war jetzt neununddreißigeinhalb Jahre verplant“, sagt er, „vom Referendariat bis heute – und ich habe keine Pläne gemacht.“ Aber er habe schon viele Anfragen für seine Zeit nach dem Schuldienst erhalten, sodass er sich sicher sei, dass es ihm keinesfalls langweilig werde.

Quelle: Uwe Mollenkopf, BZ am 14.07; Fotoquelle: Martin Kalb